Der (Süd-)Kaukasus – unterwegs zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Teil 3: Baku

Baku, die Hauptstadt Aserbaidschans, ist die letzte der drei Hauptstädte des Südkaukasus. Baku ist für mich persönlich die aufregendste Stadt von allen dreien gewesen. Vielleicht auch deshalb, weil die Stadt am Meer liegt und mit der Küstenpromenade doch etwas zu bieten hat, was nicht überall zu finden ist.

Abends kann man hier entlang flanieren oder einfach nur in einem der zahlreichen Cafes an der Promenade verweilen und aufs Meer schauen. Übrigens: Wegen dem „Eurovision Songcontest“ wurden zahlreiche Viertel total neu umgebaut, und es kam zu vielen Umsiedelungen von Menschen, die nicht immer freiwillig wegziehen mussten. Es gab viel medialen Wirbel um undemokratische Methoden mit Kritikern des Bauwahns, aber wie so vieles in dieser Präsidialrepublik, waren auch diese kritischen Stimmen bald verhallt, im Land des Alijev-Klans. Heydar Alijev, der Vater vom derzeitigen Präsidenten, ist in der Stadt omnipräsent.

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In puncto Pressefreiheit rangiert der Südkaukasusstaat übrigens gleich auf mit dem Irak. Ein Gebäudekomplex wurde eigens für Journalisten gebaut um ihnen, wie man öffentlich kundtat, finanziell unter die Arme greifen zu können und sie sich somit vollständig auf die journalistische Arbeit stürzen können. Dass manche Kritiker dieses Gebäude mit weit über 1.000 Journalisten als Gefängnis bezeichnen, trifft wohl eher die Wahrheit.

Doch man sollte sich nicht wegen Dissonanzen zwischen der Politik und der eigenen Meinung die Lust an der Besichtigung der Stadt nehmen lassen. Sonst wird es schwierig, weltweit zu verreisen. Die Innenstadt von Baku ist extrem sauber, weil erst vor kurzem komplett neu erbaut. Auffallend ist auch, dass unter Tags kaum Frauen zu sehen sind, doch Aserbaidschan ist ja auch ein, wenn auch sehr stark säkularisiertes, islamisches Land und kein christliches, wie die anderen beiden südkaukasischen Staaten (Georgien und Armenien). Auch das Nachtleben ist de facto nicht zu vergleichen mit dem Wiens – auch wenn in Reiseführern das Gegenteil steht, waren wir eher enttäuscht. Sollte man dann aber doch einen Club außerhalb der City gefunden haben (z.B. Club Infinity), dann ist dieser eigentlich ein riesengroßes Bordell, da alle Frauen im Club Prostituierte und dementsprechend aufdringlich, also lästig waren. In der City selbst gibt es einige Pubs und Restaurants, aber eine richtig große Samstag-Abend-Partystimmung wollte dort nicht aufkommen.

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Ansonsten findet man sich in Baku sehr gut zurecht. Wichtig ist aber, dass man beim Überqueren der Straßen-/Stadtautobahnen gut bei Fuß ist. Straßen-Unterquerungen gibt es eher selten. Es kann schon vorkommen, dass man eine Art “Wiener Südosttangente” auf halsbrecherische Weise überqueren muss (die sind aber eher in den Außenbezirken). Auch braucht man nicht zu glauben, dass die Autofahrer auf Fußgänger Rücksicht nehmen. Man holt hier alles aus den Schrottkisten raus. Eben angekommen, fährt unser Taxifahrer mit Vollgas den vom Heydar Alijev Airport in die Stadt führenden Heydar Alijew Boulevard (das wäre z.B. eine schwierig zu überquerende Straße) entlang (vorbei am Heydar Alijev Kulturzentrum) und schleift sich an der Meerpromenade angekommen zentimetergenau zwischen dem total verdreckten Wolga  linker Hand, dem nagelneuen Mercedes G 65 AMG Panzer rechterhand und hinter dem tiefer gelegten 10 Jahre alten, etwas zerknautschten Mercedes E ein. Übrigens ist letztgenanntes Auto ein sehr begehrtes Eisen bei den Männern, neben Goldketterln an Hals und Arm, sowie Muskelshirts. Zwischendurch ein Hupkonzert wegen, ja wegen was hupen die eigentlich permanent? Jedenfalls sollte man aufpassen, denn dort gilt der Grundsatz: „Auto heilig, Straße bauen“. Auch Linienbusse kommen schon mal auf der falschen Seite entgegen, wenn der Stau auf der für sie vorgesehenen Fahrspur zu dicht geworden ist. Als Fußgänger ist man also eher Freiwild. Am Ende bleiben wir dann vor dem Regierungspalast stehen – der heißt übrigens nicht Haydar Alijev Palast, aber keine Sorge, das Konterfei steht neben dem Gebäude.

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Die Öl- und Gasvorräte halten die ansonsten mickrige Wirtschaftsleistung in anderen Sektoren Aserbaidschans am Laufen. Darüber hinaus werden wenig Investitionen getätigt. Es hängt auch an manchen heißen Tagen ein Öl-Duft in der Luft. Das Land ist eines der ersten Länder weltweit gewesen, das Öl gefördert hat. Die Nobels (der gleichnamige Boulevard verläuft parallel zum Meer) und die Rockefellers gaben sich hier die Klinke in die Hand. Die Stadt ist wegen des Eurovision Songcontest rundum erneuert worden. Die Innenstadt ist total schick, jahrhundertealte Bauten wurden mit neuen, meines Erachtens perfekt, ergänzt. Die Architekten haben ganze Arbeit geleistet um neu mit alt zu verbinden. In der Nacht wird dann fast alles beleuchtet – jede bedeutende Straßen-Fassade, Hochhäuser und Brücken. Energiesparen ist im Öl- und Gasboomland kein Begriff.

Beneidenswert ist die Freundlichkeit der Menschen, sobald sie zumindest mal aus ihrem Auto ausgestiegen sind. Man versteht zwar kaum ein Wort Englisch, doch versucht Ihnen fast jeder, der sie mit einem Plan in der Hand sieht, irgendwie mit Händen und Füßen zu helfen. Die Aserbaidschaner sind trotz der Repressalien ein extrem stolzes Volk, was ich auch des Öfteren erleben durfte. Da kann es schon vorkommen, dass sie eine dreistündige Privatführung durch ein Stadtviertel erhalten, damit sie als Tourist nur ja nichts dieser wirklich wunderschönen Stadt übersehen. Ein unglaubliches Schauspiel, gerade wenn man aus Wien kommt.

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In der Altstadt (UNESCO Weltkulturerbe) angekommen, geht man durch wunderschöne verwinkelte Gassen und kommt aus dem Schwärmen nicht mehr hinaus. Einen schönen Blick aufs Meer bekommt man, wenn man auf den Jungfrauenturm rauf geht, beziehungsweise an der Meerpromenade im höchsten Gebäude zur Terrasse hinauf geht. Dieses Lokal bietet neben horrenden Preisen einen tollen Blick auf das Meer mitsamt den Öltankern. Im Übrigen sind die Preise für Essen und Trinken gleich hoch oder höher als in Wien.

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Die Altstadt wird von einer Festungsmauer umgeben, die teilweise noch vorhanden ist und an der man die Stadt umgehen kann. Von der Strandpromenade sieht man zwei riesige Glastürme in der Ferne emporragen. Man sollte sich nach diesen richten und zu ihnen hinaufgehen. Dort oben, hinter den Hochhäusern, befinden sich die vielen Gräber der Gefallenen während der 1980er- und 90er-Jahre. Im Anschluss daran ist ein sehr großer gepflegter Friedhof. Auch manche Metrostationen sind durchaus einen Besuch wert. Sie wurden stark nach dem Vorbild der aus Moskau erbaut.

Im Norden der Stadt befindet sich im Übrigen ein riesiger Autobazar, wo man unter anderem viele gebrauchte deutsche Karossen ergattern kann. Mercedes-Benz ist natürlich die Marke, die am begehrtesten ist. Geschätzte 10.000 Fahrzeuge werden hier regelmäßig feilgeboten. Es lohnt sich (zwar nicht monetär, aber visuell), dort ein bisschen zu flanieren, so man nach einem fahrbaren Untersatz für die Heimfahrt nach Wien Ausschau halten möchte. Allerdings kosten die Autos dort mindestens dasselbe wie in Österreich. Eigentlich schade, denn wären die Kisten nur halb so teuer wie bei uns, würde sich eine Heimfahrt mit dem Auto durch all die Perlen Europas und Zentralasiens (Schwarzmeerküste Russlands und der Ukraine), die man am Weg nach Wien durchfahren müßte, schon lohnen.

Fotos: Wolfgang Glass

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