Kleine Seen und Lacken prägen neben der beginnenden pannonischen Tiefebene die wunderbare Landschaft des Seewinkels.
Als Seewinkel bezeichnet man das Gebiet östlich des Neusiedlersees im Burgenland. Jahrzehntelang war das Gebiet durch die nahe und damals gesperrte Grenze zu Ungarn wie in einem Dornröschenschlaf. Nur die Bewohner der wenigen Orte im Seewinkel erkannten damals schon die Schönheit und Einzigartigkeit ihrer unmittelbaren Heimat. Früher zählte man nur die Gegend um die Orte Podersdorf, Apetlon und Illmitz zum Bereich des Seewinkels. Heute wird unter Seewinkel das gesamte österreichische Land östlich des Neusiedler Sees verstanden. Das schließt die Orte Weiden am See, Gols, Mönchhof, Halbturn, Frauenkirchen, Sankt Andrä am Zicksee, Andau, Tadten, Wallern im Burgenland und Pamhagen mit ein.
Ausgedehnte Sumpfgebiete und die fast 40 verschiedenen Lacken (manche erreichen eine Länge bis zu 3 km und eine Breite von nahezu 1 km bei einer Wassertiefe von durchschnittlich 0,5 m) durchziehen die Ebene des Seewinkels neben Viehweiden, Ackerbau und vor allen Dingen Weingärten. Der Seewinkel gilt bereits als Teil der pannonischen Tiefebene, was sich natürlich auch in den besonderen klimatischen Verhältnissen niederschlägt. Das Gebiet ist durch pannonisches Klima geprägt. Es ist relativ mild und niederschlagsarm, aber doch sehr windreich. Mit rund 2000 Stunden pro Jahr ist der Seewinkel auch die sonnenscheinreichste Region Österreichs. Das Gebiet ist die westlichste Salzsteppe Eurasiens und liegt durchschnittlich nur 117 m über dem Meeresniveau. Mit diesen Merkmalen ist der Seewinkel eine für Österreich untypische Region mit einer sonst in Österreich kaum vorkommenden Flora und Fauna.
Die Sumpfgebiete, Lacken und der kleine Zicksee – die flächenmäßig größte Lacke ist neben dem Zicksee die sogenannte Lange Lacke – haben keine natürlichen Abflüsse, und ihr Wasser ist zumeist besonders salzhaltig. In heißen Sommern kann die eine oder andere Lacke schon mal austrocknen und sich erst wieder durch Regen oder Grundwasserzulauf wieder füllen.
Eine Unzahl von verschiedenen Tieren, Vögel, Amphibien aber auch Niederwild und Kleintiere, bevölkern den Seewinkel. Viele Zugvögel haben hier auch ihre Rastplätze während ihrer Reise in den Süden oder Norden. Wissenschaftliche Stationen untersuchen seit vielen Jahren das Verhalten der Tiere. Von den etwa 320 hier nachgewiesenen Vogelarten brüten rund 120 im Gebiet. Ebenso zahlreich sind aber auch andere Tierarten, viele mit besonderem Seltenheitswert, im Gebiet des Seewinkels vertreten.
Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel kann auf eine langjährige Entstehungsgeschichte zurück blicken. Bereits in der Ersten Republik aber auch während des 2. Weltkrieges wurden immer mehr wissenschaftliche Arbeiten über das Gebiet von den damals namhaftesten Naturwissenschaftlern verfasst. Schließlich wurde im Jahre 1954 die erste Biologische Station im Bereich des Neusiedler Sees gegründet. Über die weiteren Jahre und Jahrzehnte hinweg wurden Richtlinien und schließlich Gesetze erlassen, welche den Schutz des Gebietes festhielten. 1992 schließlich wurde das Nationalparkgesetz erlassen und eine Gesamtfläche von etwa 90 qkm unter verschiedene Schutzstufen gestellt. Unsere ungarischen Nachbarn erkannten natürlich ebenso die Besonderheit des an den Seewinkel auf ungarischer Seit angrenzenden Gebietes und stellten im Jahr 1977 das MAB-Biosphärenreservat unter strengen Naturschutz. Schließlich wurde das gesamte Gebiet im Jahr 2001 zum Welterbe ernannt. Es umfasst den Neusiedlersee, dessen Uferräume sowie die Orte am Ufer. Die Welterbe-Zone entspricht dem österreichischen Nationalpark Neusiedler See–Seewinkel und dem ungarischen Fertő-Hanság Nemzeti Park inklusive derer Randzonen.
In den letzten Jahren wurde der Seewinkel ein Gebiet des sogenannten sanften Tourismus. Ein riesiges Wegenetz wurde für die Rad fahrenden Touristen und die Wanderer im natürlichen Stil hergestellt und im als besonderen Erholungsbereich angenommen. Die Besucher der Region können neben sportlicher Betätigung und Erholung auch die wunderschöne und auf ihre Art besonders eigentümliche Fauna und Flora bewundern und genießen. Die Tierwelt des Seewinkels wurde durch die angelegten Wege kaum beeinträchtigt.
Fotos: Franz Dohnal