ReiseGuru war unterwegs in der autonomen Republik Krim und der Republik KaZantip der Ukraine und berichtet über die Halbinsel Krim im Norden des Schwarzen Meeres, eine Perle des Ostens.
Unser Ausgangspunkt für eine Rundtour ist die Hauptstadt Simferopol, die auch Verkehrsdrehscheibe der Halbinsel ist. Von dort aus kann man de facto die ganze Halbinsel mit den Bussen erreichen. Gleich vorweg: Die Krim sollte man im Sommer besuchen, schließlich gibt es viele Strände und die zugehörigen Promenaden, die zur warmen Jahreszeit ihren Glanz viel besser entfalten können. Doch der Reihe nach. Unsere Tour umfasst mit dem Ausgangspunkt Simferopol die Städte Sewastopol, Jalta, die Tataren-Region um Bachtschyssaraj, die Stadt Jewpatorija und die autonome Republik KaZantip.
Die Krim hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Khasaren, Petschenegen, Polowezer, Seldschuken, Mongolen, Genuesen, Litauer, Tataren, Türken, Kosaken, Russen, Engländer – das ist nur die Kurzfassung – haben die Halbinsel dermaßen oft überfallen, die Dörfer verbrannt, die Einwohner als Sklaven verkauft, dass man sich wundert, warum sich überhaupt jemand die Mühe machte, hier wunderschöne Städte anzulegen, wenn am Horizont bereits die nächste plündernde Horde wartet. Wie viel Russland braucht die Ukraine, wie viel Ukraine gehört Russland? Diese Frage löst, wie bei sich aneinander reibenden tektonischen Platten, immer wieder Erdbeben aus. Doch das ist nicht unser Thema hier, allerdings ist es sehr wichtig, sich die politischen Gegebenheiten bei Reisen vor Augen zu halten, da sie wesentliche Perspektiven schaffen und so einen besser verständlichen Kontext geben können.
Übrigens, so schön auch die Bademöglichkeiten auf der Krim zu sein scheinen, wird eher abgeraten, im Schwarzen Meer baden zu gehen. Auf der gesamten Krim gibt es keine Kläranlage. Donau und Dnjepr sowie der Don etc. münden im Schwarzen Meer. Anfang der 1990er-Jahre spülte allein die Donau 60 000 Tonnen Phosphor, 1000 Tonnen Chrom, 900 Tonnen Kupfer, bis zu 60 Tonnen Quecksilber, 4500 Tonnen Blei, 6000 Tonnen Zink und bis zu 50 000 Tonnen Öl ins Meer, – jedes Jahr. Mittlerweile geht es dem Schwarzen Meer zwar besser als früher, dennoch wird vom kühlen Nass eher abgeraten.
Simferopol ist die Hauptstadt und mit 350.000 Einwohnern auch die einwohnermäßig größte Stadt. Nur knapp dahinter liegt Sewastopol. Sie hat zwar keine Strandpromenade, dafür aber einen sehr netten Stadtkern und ist der wichtigste Dreh- und Angelpunkt für alle Reisenden, die auf die Halbinsel kommen. Ob mit dem Flugzeug, der Bahn oder mit dem Bus: Alle kommen hier an. Wir flogen via Istanbul und kamen auch zu normalen Zeiten an (das Gepäck jedoch nicht… cést la vie, man kann nicht alles haben). Die Stadt wäre wahrscheinlich kein so wichtiges Reiseziel wie Jalta, doch wenn man hier schon mal anreisen muss, lohnt es sic,h nicht gleich in den nächsten Bus zu steigen, sondern ruhig einmal zu nächtigen. Die gesamte Krim ist preisgünstig und bietet auch einen vernünftigen Komfort für normale Geldbeutel. Die Stadtmitte ist mit einer Fußgängerzone und netten Lokalen ausgestattet, und der größte Fluss der Krim, der Salhyr, schlängelt sich durch diese. Es ist ein schöner Spaziergang entlang des Flusses, an dem auch ein kleines Freibad (mit Flusswasser) angelegt ist.
Geht man ein paar Kilometer am Fluss Richtung Süden entlang, durchläuft man auch den botanischen Garten samt zugehöriger Universität. Am Stadtende wechselt man von der Flussseite auf die Straße und geht dann hinauf auf einen Hügel. Von dort hat man einen schönen Blick auf die Weite von Simferopol. Retour sollte man eher wieder am Fluss entlang gehen, da die Straße wegen des Verkehrslärms nicht so angenehm ist. Die osttypische Verwilderung (die Natur holt sich manches Mal in entlegenen Gebieten gerne die Stadt zurück, da die öffentliche Parkraumpflege teuer ist) ist auch hier sehr gut sichtbar. Trotzdem, wenn man gerne ruhige Spaziergänge am Wasser mag, ist man hier genau richtig. Kurz vor dem Zentrum befindet man sich dann beim Zentralpark, der auch ein schönes Bierlokal hat. Auch abends bietet die Stadt doch das eine oder andere nette Restaurant in den Fußgängerzonen zum Verweilen.
Am nächsten Tag ging dann das Abenteuer Krim erst so richtig los: Am Busbahnhof Simferopols fajren alle öffentlichen Verkehrsmittel in alle Ecken der Schwarzmeerhalbinsel ab. Die Bahn fährt allerdings nicht überall hin, v.a. nicht durch das Gebirge in Richtung Jalta. Die Preise für die Busfahrten sind sehr günstig, und mit ein paar Russischkenntnissen sind die Tickets auch leicht zu erhalten und – noch viel wichtiger – der Ort, von wo aus der Bus weggeht, erfahrbar. Auf der Krim bietet es sich im Übrigen an, Russisch zu sprechen, da die Mehrheit der Krimbewohner russophil ist.
Unser erstes Ziel war Sewastopol. Die Hafenstadt am Westrand der Krim ist auch Sitz der seit über zwei Jahrhunderten ansässigen Schwarzmeerflotte Russlands, aber auch der der Ukraine. Von dort aus lassen sich das Mittelmeer und das Schwarze Meer militärisch bedienen. Fix ist, dass die Flotte bis 2042 vor Ort bleibt, da der Vertrag rechtzeitig vor Ablauf im Jahr 2017 verlängert wurde. Das Klima ist mild, und auch das ist ein wesentlicher Standortvorteil, dass der Hafen eisfrei ist. Sowohl Winter wie auch Sommer haben hier keine extremen Ausschläge für Mensch und Material vorbereitet.
Sewastopol ist meines Erachtens ein sehr schöner Tagesausflug. Die Stadt hat schon viele Eroberer erlebt: Mongolen, Tataren und Engländer. Von letzteren sieht man hier weniger. Die Touristen kommen großteils aus der Ukraine und aus Russland, man sieht eigentlich keine Westeuropäer. In erster Linie ist die Stadt ein Kriegshafen und erst zweitens eine Stadt. 1994 liefen von hier aus die ersten Marineeinheiten in Richtung des ersten Tschetschenienkriegs aus. 2008 kreuzten Kriegsschiffe (allen voran das Prachtstück der Flotte, die „Moskau“) vor Poti im Georgienkrieg. Vom Busbahnhof aus geht man gleich hinauf zur Aussichtsplattform, von der man einen schönen Blick auf den Hafen und auf den Busbahnhof hat.
Auch ein nettes Cafe befindet sich dort. Von dort aus kann man den Nachimov-Prospekt und somit die Flaniermeile der Stadt hinunter zum Haupthafen gehen, die mit zahlreichen Geschäften viele Menschen anzieht. Auf den Verwaltungsgebäuden wehen im Übrigen russische und ukrainische Flaggen um die Wette – bald wird endgültig klar sein, wer das Rennen macht. Sewastopol ist auch neben 13 anderen eine Heldenstadt.
Die in Russland und den ehemaligen Sowjetrepubliken mit viel Pomp inszenierten Gedenkveranstaltungen wirken auf auswärtige Beobachter oft irritierend. Doch die Bevölkerung bleibt dem Gedenken an den Grossen Vaterländischen Krieg, wie der Zweite Weltkrieg hier heißt, tief verbunden.
Unten am Hafen (die Schwarzmeerflotte befindet sich beim anderen, nicht direkt am Meereingang) angekommen, flaniert man auf der wunderschönen Strandpromenade.
Das Denkmal der versenkten Schiffe wie auch das Meeresinstitut, wo viele Studenten studieren, kann man dort aus einer der vielen gemütlichen Kaffeehäuser aus auf sich wirken lassen.
Retour muss man nicht unbedingt dieselbe Straße gehen, man kann parallel dazu beginnend mit der Sankt Wladimir Kathedrale durch eine schöne Parklandschaft hinauf flanieren. Sewastopol, früher auch eine geschlossene Stadt, hat sehr viele Buchten und vom zweiten Weltkrieg stehen auf diversen Anhöhen noch Bunkeranlagen. Im Jahre 1941 galten diese Festungen als die stärksten der Welt.
Teil 2 dieses Reiseberichts folgt in Kürze.
Text und Fotos: Wolfgang Glass