Der (Süd-)Kaukasus – unterwegs zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Teil 2: Eriwan

Eriwan, oder Jeriwan, ist die Hauptstadt von Armenien, dem Land, das als erstes weltweit das Christentum zur Staatsreligion ernannt hat. Man merkt dies auch, dass die Bevölkerung an Feiertagen sich sehr religiös gibt – zumindest kommt es so vor.

Eriwan ist vor allem im Sommer eine Reise wert, wenn am Platz der Republik die Wasserfontänen spritzen und man sich abkühlen kann. Gleich vorweg: Eine Postkarte zu verschicken geht nur, wenn diese beim Postamt am Platz der Republik (MO-FR) oder am Flughafen aufgegeben wird. Das Postkastensystem wie in Europa gibt es dort nicht. Auch die besseren Hotels nahmen meine Karten damals nicht an. Man sollte also die Karte bis Freitagnachmittag aufgegeben haben, oder direkt beim Abflug. Da das Poststück aber sowieso drei Wochen braucht, bis es am Ziel ist, ist es eigentlich eh egal, ob man sie ein paar Tage früher oder später aufgibt.

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Armenien wird auch manchmal das Land des Steins genannt, was an den Bauwerken ganz klar zu erkennen ist. Eriwan, mit seinen gut 1,3 Millionen Einwohnern, stellt somit fast die Hälfte der Gesamtpopulation des Landes dar. Offiziell leben in Armenien 3 Millionen Menschen, manche (pessimistische) Schätzungen gehen aber nur mehr von knapp zwei Millionen aus. Das Land steht im Würgegriff der Oligarchen. Im Land ist ein Unternehmen zwar schnell gegründet, doch steht die Wettbewerbsfähigkeit in keiner Relation dazu. Die drei größten Oligarchen kontrollieren 50 Prozent des Umsatzes. Und dass die Menschen nicht viel Geld zum Ausgeben haben, merkt man auch in der Millionenstadt Eriwan. Die paar Läden, die es in der riesigen Stadt gibt, sind nicht für die Einheimischen bestimmt. Diese kaufen auf Märkten ein oder bauen selbst an.

Abends fällt besonders auf, dass sehr viele junge Menschen in ihren Autos mit anderen sitzen und rauchen. Kein Wunder: Die paar Lokale, die es gibt (relativ gesehen zur Einwohnerzahl von 1,3 Millionen) werden von einer kleinen wohlhabenden Mittelschicht und/oder Touristen aus der Umgebung frequentiert. Für Einheimische sind die Preise unerschwinglich. Obwohl das Bier um 2 Euro zu haben ist, zahlt man für die Hauptspeise ähnlich viel wie in Wien. Und wenn es nur die Hälfte kostet, dann ist in Wahrheit auch nur halb soviel auf dem Teller. Meines Erachtens gilt das für den Großteil der Länder dieser Region, die ich bereist habe, nämlich, dass die Getränke und der Tabak zwar günstig sind, aber die Speisen eigentlich ähnlich viel kosten wie bei uns.

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Eriwan ist wie Tbilissi perfekt für einen Zwei- bis Drei-Tagestrip. Die Innenstadt ist wunderschön, insbesondere ist der rote Stein, für den Armenien auch bekannt ist, ein Augenschmaus. Auch sehr auffallend ist die Sauberkeit, in der City wie auch außerhalb.  Der Stadtverkehr hält sich auch hier in Grenzen, und es befinden sich alle wesentlichen Punkte in der City und auch außerhalb in „walking distance“.

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Empfehlenswert ist ein Spaziergang zur Yerewan Brandy Company. Dies wäre auch der Anfang eines Spaziergangs um das Stadtzentrum. Wenn man Richtung Süden geradeaus über den Platz der Republik geht, erreicht man einen Verkehrsknotenpunkt an dem man rechts die auch international bekannte Brandy Company sieht. Von dort aus vorbei gehend gelangt man auf einen Hügel hinauf, von dem man oben angekommen zwar nicht auf die Stadt blicken kann, dafür wird man aber mit dem Nationalstadion belohnt. Dieses steht eingepfercht in einer steinbruchähnlichen Senke.

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Aus der Fankurve heraus sind in der Ferne die grässlich wirkenden Wohnblöcke zu erkennen, wobei nicht klar ist ob es sich um Baustellen handelt oder um den Normalzustand. Jedoch muss angemerkt werden, dass der Autor dieser Zeilen auch den Unterschied zwischen historischen Ausgrabungen und Baustellen nicht ohne weiteres erkennt. Eine herrliche Kulisse für jeden Fussball-Groundhopper, der eigentlich fast nur mehr moderne VIP-Arenen mit einem Betondach obendrauf gewöhnt ist. Von dort geht es dann ziemlich schnell bergab, und man erreicht einen der Märkte, wo man sich mit Lebensmitteln und dem international üblichen Ramsch eindecken kann. Von dort geht es dann hinauf zum Denkmal des Genozids der Türken an den Armeniern. Bis heute kann man von Armenien nicht in die Türkei einreisen. Hierfür muss man wieder retour nach Georgien. Auch nach Aserbaidschan ist es nicht möglich, einen Transit zu bekommen. Dafür ist die Reise in den Iran möglich.

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Beim Denkmal des Genozids hat man dann einen atemberaubenden Blick auf den Berg Ararat, dem heiligen Berg der Armenier. Skifahren etc. ist dort nicht möglich, weil der Berg der Bevölkerung dafür zu heilig ist. Auch der Sportpalast befindet sich nicht unweit vom Denkmal. Ein großer Glaspalast, den man umrunden kann, aber eigentlich nur um die Gegend darunter genießen zu können. Wenn man dann auf der anderen Seite wieder runter geht, kann man einen Spaziergang entlang des Flusses Hrazdan machen. Doch Achtung: Übersehen Sie nicht die letzte Brücke (es müsste die dritte sein), um wieder zurück ins Zentrum zu gelangen, sonst müssen Sie einige Kilometer wieder retour gehen, da es im Norden keine Überquerung mehr gibt. Wenn man dann wieder den Fluss an der letzten Brücke überquert und geradeaus  in die Stadt zurück geht, kommt man an den Universitäten, dem Liebespark (sehr gepflegt), an der Nationalgalerie und schlussendlich an der Oper vorbei. Dort angelangt laden sehr komfortable Restaurants zum Verweilen ein. Schön ist diese Gegend auch, da man einen schönen Blick auf die Oper und auf den in der Mitte angelegten Teich hat.

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Nach einer Stärkung nahe der Oper sollte man noch Richtung Norden (ca. 2 Kilometer) zum Cascade Complex gehen. Unzählige Stufen führen hinauf, und ganz oben befindet sich rechterhand auch noch eine schöne Parklandschaft von der man auch einen wunderschönen Blick auf Eriwan hat. Beim Runtergehen der Stufen wäre dann gleich rechts unten ein bayrisches Bierlokal zum Stärken.

Die Stadt ist absolut empfehlenswert und bietet auch die übliche internationale Hotellerie auf, aber auch für Backpacker ist gesorgt, so zum Beispiel das „downtown hostel“, unweit vom Platz der Republik. Ein Familienbetrieb mit lauter englischsprachigen Studentinnen. Das sehr saubere Hostel liegt ruhig und zentral. Die Kosten liegen bei unschlagbar günstigen sieben Euro pro Nacht.

Fotos: Wolfgang Glass

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