Dort wo die Bundesstraßen 109 – aus Obervellach kommend – und die Bundesstraße 107 aus Lienz kommend – zusammen treffen, liegt der kleine Ort Winklern am Fuße des Iselsberges. Von Winklern führt das obere Mölltal Richtung Großglockner, und man erreicht über Mörtschach und Großkirchheim/Döllach nach knapp 20 Kilometer den Beginn der Großglocknerhochalpenstraße und den Ort Heiligenblut. Wir wollen in dieser Reisebeschreibung jedoch besonders auf das obere Mölltal und seine faszinierende Umgebung eingehen.
Die Marktgemeinde Winklern liegt am Fuße des Großglockner-Massivs zwischen Schober-, Goldberg– und Kreuzeckgruppe im oberen Mölltal. Die Ortsteile von Winklern liegen zwischen 900 und 1650 Höhenmetern. Winklern wird aufgrund seiner geografischen Lage auch das „Tor zum Nationalpark Hohe Tauern“ genannt. Geschichtlich wurde der Ort schon um das Jahr 1050 bereits erwähnt und war in dieser Zeit auf Grund seiner strategisch günstigen Lage bereits Zoll- und/oder Mautort für die vom Süden nach Norden ziehenden Händler. Das heutige Wahrzeichen der Gemeinde, der im Ortszentrum von Winklern stehende „Mautturm“, wie er heute genannt wird, wurde bereits erstmals im Jahre 1325 erwähnt. Dieses im frühgotischen Stil errichtete Bauwerk erfüllte im Laufe seiner Geschichte verschiedene Aufgaben, hauptsächlich als Getreidespeicher und Wohnturm.
Folgt man der Bundesstraße 107 weiter Richtung Norden, so erreicht man nach Passieren der Gemeinde Mörtschach den Hauptort des oberen Mölltals, die Gemeinde Großkirchheim/Döllach. Eingebettet in einem der größten Naturschutzgebiete Mitteleuropas liegt die Gemeinde Großkirchheim mit dem Hauptort Döllach auf 1.024 Meter Seehöhe. Döllach, der heutige Hauptort in der Gemeinde Großkirchheim, war zur Zeit des Goldbergbaues der Sitz der Gewerken, das Verarbeitungszentrum des Goldes, der Sitz der Herrschaft und des Amtes Großkirchheim, sowie der Hauptort des Oberen Mölltals.
Großkirchheim ist auch der Sitz der Nationalparkverwaltung Kärnten des Nationalparks Hohe Tauern. 63 % der Gemeindefläche von Großkirchheim befinden sich heute im Nationalpark Hohe Tauern. Der größte Teil davon entfällt auf die Schobergruppe mit dem Gradental und dem Gartltal. Seit 2001 sind auch weite Bereiche des Zirknitztales in der Sonnblickgruppe unter Schutz gestellt. Diese drei Täler beherbergen nicht nur überaus wertvolle Naturschätze, sondern laden auch auf herrlichen Wanderwegen und Mountainbike-Strecken zu einer Entdeckungsreise in den Nationalpark ein.
Der Nationalpark Hohe Tauern ist der größte Nationalpark in Österreich. Er umfasst weite Teile des zentralalpinen Hauptkammes der Ostalpen Österreichs im Bereich der Hohen Tauern. Der Nationalpark Hohe Tauern besteht seit 1981 und wurde im Jahre 2006 durch die Weltnaturschutzunion IUCN als Schutzgebiet der Kategorie II (Nationalpark) anerkannt. Seit 2003 ist er zum UNESCO-Welterbe eingereicht. Der Nationalpark Hohe Tauern ist mit 1.856 km² das größte alpine Schutzgebiet Europas. Der Kärnten-Anteil umfasst 440 km², von denen 36 km² auf zwei Sonderschutzgebiete, die Gletscher Glockner-Pasterze und Gamsgrube, 291 km² auf die Kernzone und 113 km² auf die Außenzone entfallen. Die Kernzone umfasst Gebiete weitgehender Unberührtheit, sie liegt daher zumeist oberhalb der Waldgrenze. Die Außenzone bezieht sich vorwiegend auf die Kulturlandschaft der Almen.
Doch dies ist nicht alles, was das zauberhafte Obere Mölltal zu bieten hat. Am Ende des Tales, dort wo die Großglockner Hochalpenstraße mit ihren ersten Serpentinen startet, liegt die verträumte und wunderbare Gemeinde Heiligenblut.
Der Name „Heiligenblut“ rührt der Legende nach von einem Fläschchen mit dem Blut Christi her, welches ein dänischer Prinz sich in die Wade habe einwachsen lassen, um es vor Räubern zu schützen. Im Jahre 914 befand sich ein dänischer Prinz im Bereich des heutigen Heiligenblut auf dem Heimweg von Konstantinopel und wurde dabei von einer Lawine verschüttet. Aus den Schneemassen, unter denen er begraben wurde, seien drei Ähren herausgewachsen, wodurch sein Leichnam und die Blutreliquie aufgefunden wurden. Als einige Bauern ihn begraben wollten, habe sich ein Bein störrisch geweigert, unter der Erde zu bleiben. Als man der Sache auf den Grund ging, fand man das Fläschchen, das seither im Sakramentshaus der 1460 bis 1491 erbauten Pfarrkirche des Hl. Vinzenz aufbewahrt wird.
Neben der vorherrschenden Land- und Almwirtschaft wurde in Heiligenblut bis ins 20. Jahrhundert hinein Gold abgebaut. Die Hochgebirgsregion um Heiligenblut entwickelte sich ab Ende des 19. Jahrhunderts zunächst zum klassischen Sommerfrischenort und ab den 1930er Jahren zur zweisaisonalen Tourismusregion. Maßgeblichen Anteil daran hat die 1935 eröffnete Großglockner-Hochalpenstraße, deren südlicher Ausgangspunkt Heiligenblut ist. Rund um die über der Gemeinde befindlichen Berge Schareck (2606 m) und Gjaidtroghöhe (2989 m) wurde ein hochalpines Skizentrum mit modernen Liftanlagen zwischen 1301 m und 2900 m errichtet.
Hier endet unser Besuch des Oberen Mölltals, jedoch soll auch die Großglockner Hochalpenstraße, welche die Bundesländer Kärnten und Salzburg zumindest in der schneefreien Zeit verbindet, hier nicht unerwähnt bleiben.
Spuren der Römer und Kelten zeugen davon, dass im Gebiet des Glockner Massivs schon damals ein Alpenüberquerung in Süd-Nord-Richtung gesucht und gefunden wurde. In den folgenden Jahrhunderten wurde der Handelsweg, neben dem Brenner und dem Handelsweg über die Radstätter Tauern, immer genützt.
Im Herbst 1924 wurde der Bauingenieur DI Franz Wallack mit der Planung eines Fahrweges beauftragt, und am 3. August 1935 konnte die Großglockner Hochalpenstraße feierlich eröffnet werden. In den 26 Baumonaten wurden 870.000 Kubikmeter Erde und Fels bewegt, 115.750 Kubikmeter Mauerwerk geschaffen, 67 Brücken gebaut und ein Straßentelefon mit 24 Sprechstellen installiert. 3.200 Arbeiter leisteten 1,8 Millionen Arbeitsschichten. Die berühmteste Alpenstraße führt ins Herz des Nationalparks Hohe Tauern, zum höchsten Berg Österreichs, dem Großglockner (3.798 m) und seinem Gletscher, der Pasterze. Die Alpenstraße ist eines der beliebtesten Ausflugsziele in Österreich. Auf 48 Kilometern Hochalpenstraße mit 36 Kehren, bei einem Höhenanstieg bis auf 2.504 Meter.
Erbauer DI Franz Wallack plante eine sich perfekt in die Landschaft einfügende Straße für eine Zeit, von der er noch keine Ahnung haben konnte: Für den Nationalpark Hohe Tauern, durch dessen eindrucksvollstes Kernstück die Straße heute führt. Jährlich zählt man fast 1 Million Besucher auf den Kernpunkten der Hochalpenstraße, der Franz-Josefs-Höhe mit Blick auf die leider schon sehr zurückgezogene Pasterze, dem Hochtor als Grenze zwischen Kärnten und Salzburg, dem Fuscher Törl und dem höchsten zu befahrenden Aussichtspunkt, der Edelweiß Spitze, auf 2.571 Meter.
Text und Fotos: Franz Dohnal